Ich interessiere mich nicht für Deine Schuhsohlen, Kollege

Nope, nicht interessant (Foto: Christopher Jolly / Unsplash)
Nope, nicht interessant (Foto: Christopher Jolly / Unsplash)

Breitbeinig dasitzen, raumgreifend gestikulieren und sich bloß nicht von einer Frau verdrängen lassen: Männer unterstreichen ihre Machtansprüche auch dadurch, wie sie den Raum in Besitz nehmen. Und Frauen? Die machen bereitwillig Platz. Obwohl sie eigentlich etwas ganz anderes tun sollten.

Vor einigen Tagen war ich mit einem Freund in einer Bar. Er kam, setzte sich zu mir und ich machte ihm bereitwillig Platz. Er saß breitbeinig neben mir, hätte seine Beine leicht in den Raum ausstrecken können, was er aber nicht tat – stattdessen klemmte er meine Beine zwischen sich und dem Stuhl ein. Irgendwann wies ich ihn darauf hin, dass mir das wehtat, woraufhin er mich überrascht anschaute. Er hatte nicht einmal bemerkt, wie sehr er mich eingeengt hatte. Das liegt einerseits sicher daran, dass er es gewöhnt ist, ganz selbstverständlich viel Raum einzunehmen. Andererseits liegt das aber auch daran, dass ich ihm Platz gemacht und den Raum angeboten hatte – und er ihn sich ohne zu zögern genommen hatte.

Mit demselben Freund arbeite ich auch zusammen. Manchmal, wenn er entspannt ist, lehnt er sich zurück und legt die Füße auf den Tisch. In der Redaktion. Die Füße auf dem Tisch.

High Heels auf dem Tisch? Wohl kaum

Habt ihr das schon einmal bei einer Frau gesehen? Ich nicht. Wenn ich auf die verschiedenen Redaktionen zurückschaue, in denen ich mal gearbeitet habe, stelle ich fest: Es gab den ein oder anderen Kollegen, der mal die Füße auf dem Tisch hatte. Das waren aber ausschließlich Männer.


Dies ist ein Stück, das für das Projekt „BizzMiss“ entstanden ist – ein Online-Magazin, das ich im Jahr 2014 mit drei Mitstreiterinnen gründete. BizzMiss gibt es mittlerweile nicht mehr. Hier habe ich notiert, warum das gut ist.


Woran liegt das? Ich denke, dass das durchaus etwas aussagt über die Art und Weise, wie sich Frauen und Männer im Raum bewegen und ihre Umwelt wahrnehmen. Männer sind raumgreifend, besetzen den Raum, und machen sich auch viel weniger Gedanken darum, was andere über sie denken und ob ihr Verhalten als unangemessen empfunden werden könnte. Füße auf dem Tisch? Mir ist eben gerade danach.

“Ich mache hier, was ich will!”

Ich habe den Kollegen darauf angesprochen, warum er seine Füße in einem so formellen Arbeitsumfeld wie einer Redaktion auf den Tisch legt. Seine Antwort: “Darüber habe ich bisher noch nie nachgedacht.” Da wiederum war ich überrascht. Er dachte dann ein wenig darüber nach und kam zu dem Schluss, die hochgelegten Füße könnten mit Revieransprüchen zu tun haben, verbunden mit einer Haltung nach dem Motto “Ich mache hier, was ich will” – beides nicht unbedingt typisch weiblich.

Das Dilemma dabei für die Frau: Wer immer höflich Platz macht, wird irgendwann diejenige sein, die ganz selbstverständlich beiseite geschoben wird. Wer seinen Raumanspruch so einfach aufgibt, dem kann er ja nicht besonders wichtig sein, oder?

Setzt Grenzen, Frauen!

Deshalb kann die Schlussfolgerung nur lauten: Nehmt Euch Euren Raum, Frauen! Plustert Euch auf! Nur so kommt ihr gegen die allzeit aufgeplusterten Männer an, so werdet ihr überhaupt von ihnen wahrgenommen.

Und damit meine ich nicht, dass jetzt auch alle Kolleginnen ihre Füße auf den Tisch packen. Aber weist die Kollegen darauf hin, dass das unangemessen ist. Setzt Grenzen, verschafft Euch Raum. Ihr dürft das – ganz genauso wie die Männer. Sensibilisiert sie dafür. Denn niemand blickt gern auf die schmutzigen Schuhsohlen des Kollegen.

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