Podcast #FutureofWork: Wie passen Nachhaltigkeit und Neue Arbeit zusammen?

Tilman Santarius (Bild: DuMont Mediengruppe)
Tilman Santarius (Bild: DuMont Mediengruppe)

Theoretisch können Energie- und Ressourcenverbrauch mithilfe der Digitalisierung verringert werden, sagt der Nachhaltigkeitsforscher Tilman Santarius. Doch das ist eine Entwicklung, die wir nicht sehen. Woran liegt das? Und wie können Neue Arbeit und Nachhaltigkeit einander positiv beeinflussen?

„Die Digitalisierung ist ambivalent in ihrer Entwicklung“, sagt der Nachhaltigkeitsforscher Tilman Santarius. Er forscht unter anderem zu den Themen Klimapolitik, nachhaltiges Wirtschaften und digitale Transformation. Er lehrt an der Technischen Universität Berlin und ist ehrenamtliches Mitglied im Aufsichtsrat von Greenpeace Deutschland e.V. Er sagt: Theoretisch können Energie- und Ressourcenverbrauch mithilfe der Digitalisierung verringert werden. In der Praxis stellen sich diese Vorteile jedoch nicht ein.

Er nennt zum Beispiel das Home-Office: Die Zahl der Menschen, die ortsflexibel arbeiten, nehme zu, auch, weil zunehmend technische Lösungen wie zum Beispiel Videotelefonie zur Verfügung stünden – trotzdem nähmen Dienstreisen oder das Pendeln zum Arbeitsplatz nicht ab. „Die Digitalisierung trägt zu einer Beschleunigung des Kapitalismus bei und führt und in eine nicht-nachhaltige Richtung“, kritisiert Santarius. Deshalb käme es ja auch so sehr auf eine persönliche, politische und unternehmerische Gestaltung an.


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Neue Arbeit sei nur dann wirklich nachhaltig, wenn neue Jobs, die entstehen, einen Beitrag dazu leisten, dass sich in ökologischer Hinsicht die hohen Verbräuche der Industriegesellschaften verringern. Auf sozialer Ebene hieße das, dass diese neue Form der Arbeit nicht nur mehr Flexibilität oder Befriedigung bringt, sondern auch einen Beitrag leistet zu mehr sozialer Gerechtigkeit, sagt er. „Denn nur wenn sozialer Frieden herrscht, wird auch ein ‚grüner Frieden‘ herrschen können.“

Digitalisierung eignet sich seiner Meinung nach nicht nur, um Sachen effizienter zu machen, sondern auch, um soziale Innovation hervorzurufen – wie das Arbeiten in remote Teams, also Teams, die nicht mehr am selben Ort sind. Doch für Santarius ist Digitalisierung nicht nur eine „Effizienzmaschine“, wie er sagt, sondern eignet sich auch dafür, digitale Innovation für Suffizienz, also für Genügsamkeit, auszubeuten: Und zwar dann, wenn Bedürfnisse befriedigt werden können, indem Gegenstände nicht neu gekauft, sondern gebraucht gekauft oder miteinander geteilt werden können, wie es Plattformen der Sharing Economy längst anbeten.

Das gelänge jedoch nur dann, wenn Rebound-Effekte, also Überkompensierungen, vermieden würden – zum Beispiel, indem das Geld, das im Home-Office durch das fehlende Pendeln zum Büro eingespart wird, nicht in einen Flug nach Barcelona für einen Wochenendbrunch investiert wird. „Das hat viel mit individueller Achtsamkeit zu tun.“

Mehr Nachhaltigkeit in Unternehmen bedeute: Dass Effizienz und höhere Gewinne zum Beispiel dazu genutzt würden, Löhne und Gehälter anzuheben oder Mehrarbeit und Überbelastung – sichtbar zum Beispiel durch Überstunden – zu verringern oder einige der prekären Arbeitsverhältnisse in gesicherte und kontinuierliche Arbeitsverhältnisse zu überführen. Doch Nachhaltigkeit bedeute auch ganz neue Geschäftsmodelle, sagt der Nachhaltigkeitsforscher, für die Energiebranche zum Beispiel: Hier sollte nicht mehr der Verkauf von Litern Sprit oder Kilowattstunden im Fokus stehen, sondern „Energy as a service“ – also Dienstleistungen rund um das Produkt.

Viele herkömmliche Branchen – wie zum Beispiel die Energiebranche – könnten von der Start-up-Szene und den digitalen Geschäftsfeldern eine Menge lernen. Jedoch: „Wir dürfen nicht darauf hoffen, dass Unternehmen das allein bewerkstelligen“, meint Santarius. „Dafür braucht es auch politische Rahmenbedingungen – nur auf die Freiwilligkeit der Unternehmen zu setzen, wird nicht alle Akteure überzeugen!“ Und mit Blick auf den gesellschaftlichen Diskurs sagt er: „Auch die Frage der Sinnhaftigkeit der Arbeit – ‚Wofür verwenden wir denn gesellschaftliche Arbeitszeit?‘ – ist eine wichtige Diskussion, die wir führen müssen.“{„type“:“block“,“srcIndex“:0,“srcClientId“:“10decc97-8a9a-49a0-b259-f8472ae43508″,“srcRootClientId“:““}

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Ein Gedanke zu „Podcast #FutureofWork: Wie passen Nachhaltigkeit und Neue Arbeit zusammen?

  • 21. Mai 2021 um 14:16 Uhr
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    Irgendwie sind viele Themen schon realtiv alt. Und ich muss immer noch sagen, dass grosse Konzerne nicht wie Start-Ups Denken und arbeiten können/sollten, da es doch immense Unterschiede gibt und auch die Strukturen ganz anders sind. Man kann sich ein Beispiel nehmen und daraus lernen aber es ist immer noch ein Konzern und das andere ein Start-Up. Als Konzern kann man nicht sagen „jetzt machen wir das und gehen all-in auf die eine Idee, egal ob wir zu 70% scheitern“.

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